GTD Teil 4: Kunden als Kontexte

Die letzten Wochen besprachen wir die Unzulänglichkeiten von Kontexten in unserer heutigen Arbeitsrealität und diskutierten mögliche Alternativen. Heute folgt mein konkretes Beispiel.

Meine Kontexte, Stand Dezember 2016, in der Mac-Version von OmniFocus.

Im Kern von »Getting Things Done« steht die Idee, dass man, nun ja, Dinge erledigen will. Viele GTD-Nutzer setzen auf ein System mit vielen virtuellen Stellschrauben und Rädchen – besonders bei der Wahl der Kontexte. Ich schlage einen einfacheren Ansatz vor, der sich für mich als freiberuflicher Fotokorrespondent und Autor bewährt hat: Möglichst wenige Kontexte, gegliedert nach Klienten. Nicht nach nötigen Ressourcen oder einer anderen der bereits besprochenen Möglichkeiten, sondern der zentralen Frage folgend: Für wen mache ich das überhaupt?

Es bieten sich die folgenden Hauptvorteile:

  1. Ich kann alle Einzelaufgaben den einzelnen Klienten zuordnen – auch Jahre später
  2. Die Projektliste ist »flach«
  3. Die Kontextliste bleibt überschaubar kurz
  4. Ich habe auf Wunsch eine Trennung zwischen »beruflich« und »privat«

Es ergeben sich noch weitere Vorteile, aber diese vier sind zentral für die Art und Weise, wie ich arbeite. Gehen wir die Punkte der Reihe nach durch.

1. Jede Einzelaufgabe ist einem einzelnen Kunden zugeordnet

Auch wenn ich ein Projekt archivieren muss, bleibt für mich direkt nachvollziehbar, für welchen Kunden ich eine Aufgabe erledigt habe – nicht nur, für welches Projekt, gefolgt von einer Kunden-Zuordnung. Für Freiberufler mit Stammkundschaft ist das überaus praktisch. Als Beispiel: Sie haben sich mit einem neuen Klienten auf einen Honorarsatz geeinigt. Nach einigen Monaten möchten Sie einschätzen, ob das Honorar angemessen ist oder ob Sie »zu viel« oder »zu wenig« Aufwand fürs Geld treiben. Mit diesem Ansatz bekommen Sie direkt eine Aufwandsliste und müssen sich die Auflistung nicht aus einzelnen Projektlisten zusammenfriemeln.

Das ginge natürlich auch anders. Zum Beispiel, indem Sie die Projektliste hierarchisch, mit Einem-Ordner-pro-Kunde, organisieren und dann alle Aufgaben innerhalb des passenden Unterordners anzeigen ließen. Aber damit kommen wir zum nächsten Punkt:

2. Eine flache Projektliste ist eine gute Projektliste

Als Einzelkämpfer kann ich nicht an unzähligen Projekten gleichzeitig arbeiten. Auch mein Tag hat nur 24 Stunden. Ich komme realistisch nie auf mehr als 1-2 parallel laufende Projekte pro Redaktion – es sind meistens mehr Artikel oder Bildstrecken geplant, aber diese Projekte sind noch aufgeschoben. »Nicht-verfügbar«, im GTD-Jargon.

1-2 verfügbare (also laufende) Projekte pro Kunde müssen Sie nicht in Kundenordnern organisiert sehen. Damit blähen Sie nur die tagesaktuelle Projektliste unnötig auf. Je nach Benutzerführung Ihrer Software verursachen die Ordner, ob leer oder mit aktiven Projekten gefüllt, nerviges Gescrolle (z.B. auf einem Handy) oder mühsames Gehangel durch Unterordner-Hierarchien.

Zur Organisation von Projekten in einem modernen GTD-Umfeld schreibe ich im Anschluss an diese Kontext-Reihe einen gesonderten Beitrag.

3. Eine überschaubare Kontextliste ist eine gute Kontextliste

Auch auf dem kleinen iPhone noch gut überblickbar: Die Kontexte der Gruppe »Work«.

Verwenden Sie so viele Kontexte wie nötig, aber so wenige wie möglich. Der Grund liegt beim wöchentlichen »Review« sowie dem laufenden Erfassen von Aufgaben (dem Füllen der »Inbox«). Wenn Sie eine feingliedrige Kontextliste führen, dürfen Sie sich bei jeder Einzelaufgabe überlegen, zu welchem der vielen, vielen Möglichkeiten sie denn tatsächlich gehört. Das kostet Hirnschmalz und Zeit, verlangt von Ihnen mehr Aufmerksamkeit ab als sinnvoll ist. Auch der oben bereits angesprochene Punkt der Software-Benutzerführung spielt mit rein – bei dreißig Kontexten müssen Sie besonders auf einem Handy gehörig herumscrollen, bis sie den gewünschten Kontext gefunden haben.

So lange Sie als Freelancer nicht für einen Haufen Kunden gleichzeitig arbeiten, sind Sie mit Klienten-als-Kontexte auf der sicheren Seite. Denn es stört niemanden, wenn sich im Archiv mit den Jahren hunderte Kontexte für hunderte Kunden ansammeln – im Archiv müssen Sie nicht täglich arbeiten, nur vergangene Aufgaben nachvollziehen können (vgl. Punkt 1).

4. Berufliches und Privates trennen – falls möglich

Work-Life-Balance ist ein großes Stichwort unserer Zeit, nicht nur bei Selbständigen. Da ist es hilfreich, wenn Sie in der persönlichen Aufgabenverwaltung leicht zwischen den Polen »privat« und »geschäftlich« trennen können. Würde man meinen.

Aber besonders Freelancern fällt die Trennung zwischen Privatem und Geschäftlichem schwer. Es existieren selten klare Pole, mehr ein Spektrum aus Grautönen. Wohin gehört z.B. ein Projekt, das sie in Ihrer Freizeit für eine NGO vorantreiben? Als Beispiel aus meinem Umfeld: Ich fotografiere seit einigen Jahren den Frauenfelder Militärwettmarsch. Das ist einerseits eine »private« Angelegenheit, da ich die Bilder dem Organisationskomitee kostenlos zur Verfügung stelle – ehrenamtlich quasi. Andererseits kommt es auch vor, dass ich gleichzeitig für eine Redaktion vor Ort bin oder Einzelbilder an Agenturen veräußern kann.

Kurz: Die Trennung beruflich/privat fällt nicht immer leicht und sollte bei Freiberuflern nicht im Zentrum des GTD-Systems stehen. Eher als Nice-to-have. Ich trenne die Kontexte entsprechend in zwei Gruppen: In »Work« liegen Klienten, mit denen ich z.B. Verträge habe, Deadlines, ein Auftragsverhältnis. In »Personal« Kontexte für Dinge, bei denen ich nicht mit Dritten verbandelt bin. So kann ich mich zum Beispiel im Urlaub mit einem Klick vom Berufsalltag à la Abhängigkeiten distanzieren, habe aber die »eigenen« Sachen noch immer auf dem Schirm.

Mit technischen Limitierungen arbeiten statt sie bekämpfen

Die Hintergründe, weshalb ich Kontexte so und nicht anders verwende, habe ich die letzten Wochen erörtert. Mein System ist, wie jedes GTD-System, aber auch technischen Einschränkungen geschuldet:

  • Wenn Sie GTD ganz klassisch mit Papier und Ordnern betreiben, steigt der Aufwand linear mit der Anzahl Kontexte
  • Wenn Sie digital unterwegs sind, kann die Software limitieren – so unterstützt z.B. OmniFocus zur Zeit noch keine Schlüsselwörter und damit auch kein gesondertes Feld z.B. fürs Zuordnen eines Kunden
  • Wenn Sie digital und mobil sein möchten, limitiert die Größe Ihres Handy-Displays und hat Einfluss auf die Übersichtlichkeit (scrollen!) und damit auf Ihre Produktivität

Mein Tipp lautet, dass Sie sich mit solchen Limitierungen arrangieren sollten. Wenn Sie ständig neue Software durchprobieren, verlieren Sie nur Zeit und Energie, die Sie besser für Ihre »richtigen« Aufgaben verwendet hätten. Wenn Sie also mit einer Software wie z.B. OmniFocus, 2Do oder Things im Großen und Ganzen klar kommen und es nur an einem oder zwei Punkten klemmt – versuchen Sie lieber, mit diesen Punkten zu arbeiten statt sie auf Teufel komm raus zu bekämpfen.

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