GTD für (heutige) Freischaffende, Teil 1: Über Kontexte

Ich verwende seit vielen Jahren eine Variante der »Getting Things Done«-Methode (GTD). Aber wie nützlich sind deren Konzepte für heutige Freelancer? Eine Betrachtung in einer losen Artikelreihe.

Wie viele GTD-Nutzer halte auch ich mich schon beinahe sklavisch an einige der klassischen Regeln wie z.B. »Was du in 2 Minuten erledigen kannst, erledige sofort« oder »Im Zweifelsfall lieber ein zusätzliches Projekt eröffnen statt eine ungeordnete Liste verwenden.« Aber wie vielen anderen auch hat mir David Allens Metapher der »Kontexte« zusehends Mühe gemacht – ärgerlich, da der Kontext einer der vier Grundpfeiler des gesamten GTD-Systems darstellt.

Weshalb gibt es sowohl unter Hardcore-GTD-Anhängern als auch in den Software-Communities für Produkte wie 2Do oder OmniFocus ständig Diskussionen darüber, was ein passender Kontext sein könnte oder wie viele Kontexte eine Aufgabe tatsächlich haben sollte? Allen hat das doch alles definiert! Der Kontext ist die eine nötigste Voraussetzung, um überhaupt eine Aufgabe erledigen zu können! Logisch und einfach!

Ja. Das war es vielleicht, als Allen sein Buch veröffentlichte. Aber das GTD-Konzept ist mittlerweile doch recht alt geworden.

Von der technischen Entwicklung überholt?

Allens Buch kam im Jahr 2001 raus, nach gut einem Jahrzehnt Forschung und Entwicklung. Die Idee, dass ein einzelner Kontext »das eine unverzichtbare Mittel, um eine Aufgabe erledigen zu können« widerspiegeln und so als Organisationsmittel dienen kann, entstammt also den (späten) 90ern. Also einer Zeit, in der ein Smartphone so

By Oldmobil - Saját fotó, CC BY-SA 3.0, Link
By Oldmobil - Saját fotó, CC BY-SA 3.0, Link

ein Macbook bzw. iBook so

CC BY 2.0, Link
CC BY 2.0, Link

und eine Kontakte-Verwaltung so

By Poolcode, CC BY-SA 3.0, Link
By Poolcode, CC BY-SA 3.0, Link

aussahen. Kurz gesagt – nicht vergleichbar mit der heutigen digitalen und hochmobilen Arbeitsrealität.

Nehmen wir den klassischen GTD-Kontext @Phone. In einer Zeit, in der Leute Angst davor haben, süchtig nach Ihrem Handy zu werden, erscheint es eigenartig, dass ein Telefon als »verfügbares Mittel« definieren soll, ob eine Aufgabe machbar ist – oder in der Aufgabenverwaltung ausgeblendet gehört. Ähnlich steht es um Kontexte wie @Online oder @email. Hatte Sinn, als man höchstens im Büro oder an der Uni einen flotten Internetzugang oder nur schon Mail-Zugriff hatte. Heute jedoch?

Kreativerer Umgang mit Kontexten ist nötig geworden

Das Konzept der Kontexte wurde also von der Digitalen Revolution, nun ja, überrollt. Entsprechend kreativ gehen heute die Nutzer an ihre Kontexte heran – müssen es, damit es noch ansatzweise Sinn ergibt. Das gilt besonders für Freiberufler, die oft nicht einmal eine räumliche Trennung à la @Office / @Home in Kontexten abbilden können. Ich werde mein eigenes System in einem späteren Beitrag erklären, aber um heute doch noch ansatzweise konstruktiv zu schließen:

Meine Kontexte, etwas anonymisiert, Stand Frühjahr 2016 bis heute.
Meine Kontexte, etwas anonymisiert, Stand Frühjahr 2016 bis heute.

6 Gedanken zu „GTD für (heutige) Freischaffende, Teil 1: Über Kontexte“

  1. Bin gespannt auf die Fortsetzung mit den Erklärungen zu deinem System. Frage : bist du immer noch analog unterwegs oder verwendest du mittlerweile wieder ein Tool?

  2. Ich bin zurück im Jahr 2006/7, so zu sagen – ich verwende wieder OmniFocus. Die Gründe für den Rück-Umstieg sind vielfältig; ich habe vor, einen Artikel dazu zu schreiben (und generell zu meinem Info-Verwaltungs-System). Aber in Kurzfassung:

    Seit ich den BlackBerry gegen ein altes iPhone ausgetauscht habe, überwiegen die mehr oder weniger nahtlosen Integrationen zwischen OmniFocus und meinen anderen »Produktivitäts-Apps« die Bequemlichkeit, Aufgaben und Notizen mit Stift und Papier festzuhalten. Dann vermeidet man mit digitalen Tools doch sehr viel Papiergestapel – Allens System sieht einen Haufen Ordner bzw. Mappen vor (Merlin Manns GTD-Website heißt nicht ohne Grund 43 Folders); selbst in meinem simpleren System mit nur einem Filofax kam ich auf hunderte Seiten / Notizkarten pro Monat. Außerdem hat sich das spontante Füllen der Inbox unterwegs in den letzten Jahren stark vereinfacht; mit QuickEntry und Siri geht das flott und, trotz Tipp-/Erkennungsfehlern, sauber genug, dass ich mit dem Task auch etwas anfangen kann.

  3. Danke für die Zusammenfassung. Ich selbst verwende eine Mischung von analog und digital, aber das ist irgendwie nicht wirklich befriedigend.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert