Anti-Akquise.

Das Hauptproblem für jeden freischaffenden Texter (und freischaffenden Künstler allgemein) ist ganz klar dieses: Wie komme ich an neue Kunden? Sicher, auch der Zustand des Kühlschranks, respektive seines Inhaltes, ist ein Problem, aber das ist eng mit der obigen Frage verbandelt.

Ich kann nicht groß Tips geben, wie man an Neukunden kommt. Aber ich kann sagen, wie man es nicht versuchen sollte. Oder nur dann, wenn man extrem verzweifelt ist. Oder soziopathisch veranlagt.

Das klingt ja wieder einmal eher negativ. Ich dachte, Du seist Optimist?

Bin ich ja auch. Sonst hätte ich diesen Beruf nicht ergriffen. Aber dennoch habe ich über die Jahre einiges erlebt, auch zum Thema „wie vergrault man potentielle Kunden am einfachsten?“. Der eine oder andere gut gemeinte, etwas nüchterne Vorschlag, was man besser machen kann, wird hier natürlich auch aufgeführt. Aber zählen Sie nicht darauf, dass es viele Vorschläge sein werden.

Fehler 1: Zu wenig Kommunikation.
Let’s face it: Sie sind nicht der Papst. Sie können es sich nicht leisten, im Büro zu sitzen und darauf zu warten, dass zig Interessenten die Türe einrennen. Mund-zu-Mund-Propaganda ist zwar das wichtigste Werkzeug eines jeden Freelancers, aber wenn man ansonsten gar nichts tut? Dann muss man sich nicht wundern, dass der Kühlschrank nach einer Weile in einem noch desolateren Zustand ist.

Also lassen Sie Visitenkarten drucken, halten Sie Ihre Website aktuell, schreiben Sie auch mal direkt an interessante Unternehmen und Privatpersonen. Und reagieren Sie einigermaßen prompt auf E-Mails und Briefe. Nichts ist für einen potentiellen Auftraggeber mühsamer, als wenn er wochenlang auf Antwort warten muss, während der Redaktionsschluss immer näher rückt.

Fehler 2: Übermäßige Kommunikation.
Ein Brief oder eine E-Mail, schön gestaltet und inhaltlich proper, geht für Initiativbewerbungen in Ordnung. Wo man seine Künste anpreist, oder – wenn man etwas aggressiver sein sollte – aufzeigt, was beispielsweise an der Website des potentiellen Kunden mistig ist. Und wie man da helfen könnte.

Aber bitte, bitte, setzen Sie die Leute nicht ungefragt auf Ihren privaten Mailverteiler. Und schicken Sie ihnen nicht die Daten Ihrer nächsten Parties. Eine Einladung zu einem besonderen Anlass geht in Ordnung – so kann man Sie auch persönlich kennenlernen. Aber jede Woche am Freitag Nachmittag eine Aufforderung, sich im Mascotte zu besaufen? Muss nicht sein. Ebenso wenig eine „Freundschaft“ auf Facebook und Konsorten. Potentielle Kunden müssen nicht wissen, was Sie zum Frühstück gegessen haben. Oder wie Sie sich im Mascotte nach dem siebten Bier benommen haben. Mit Bildern, geschossen von Ihren anderen „Freunden“. Nein.

Fehler 3: Zu nachgiebig sein.
Okay, ein bisschen nachgeben muss man immer. Aber man sollte es sich tunlichst verkneifen, zu Eike zu werden, nur weil im Kühlschrank noch Platz für ein Bier wäre. Denn damit zieht man die „falschen“ Kunden an. Diejenigen, die gehört haben, dass Sie halt so schön billig sind.

Leute, wir wollen preiswert sein. Nicht billig. Billig ist ein Abendkleid aus dem C&A. Etwas Selbstwertgefühl ist angebracht.

Fehler 4: Selbstüberschätzung.
Wir hatten das mit dem Papst schon. Also lassen Sie es mich wiederholen: Texter sind nicht Papstanwärter. Ruinieren Sie nicht Ihren Ruf, indem Sie Projekte annehmen, die Sie nicht stemmen können. Suchen Sie lieber nach Lösungen, die sowohl dem Hoffentlich-Kunden als auch Ihnen entgegen kommen. „Lösungen“ sind auch nach dem Platzen der New Economy gesucht.

Das Durchtexten eines 500seitigen Katalogs passt momentan nicht in Ihren Zeitplan? Dann lehnen Sie ab, oder suchen Sie einen Kompromiss. Vielleicht kennen Sie ja einen Kollegen, der die Hauptarbeit erledigen könnte. Und Sie übernehmen die Konzeption. Oder kassiert Vermittlungsgebühren. Sicher, man könnte auch das, hmm, Mitternachts-Öl verbrennen (Anglizismus!), aber ist es das wirklich wert, wenn dann der neue Kunde ständig mit Änderungen angerannt kommt? Unbezahlte Änderungen noch dazu?

Als Freelancer sind Sie alleine unterwegs. Nicht als Agentur. Jeder soll in seinem eigenen Sandkasten spielen. Und nicht die Copacabana zum Sandschlösser-Bauen mißbrauchen.

Würden sich mehr Freischaffende von diesen vier Fehlern fernhalten, hätten die Freien generell einen besseren Ruf. Und könnten auch Ihre Honorarvorstellungen öfters durchsetzen. Ohne, dass die Kunden gleich glauben: Das ist ein Schaumschläger, wie die anderen 43 Freelancer, die ich schon durchprobiert habe. Kommunizieren Sie offen, aber gezielt; überschätzen Sie sich nicht, dann klappt’s auch mit dem Nachbarn. Respektive mit der Akquise. Und der Kühlschrank ist auch ganz glücklich, dass er nicht nur grün-schimmligen Käse zu beherbergen hat. Gleich neben dem Eike-Bier.

3 Gedanken zu „Anti-Akquise.“

  1. Mann, Mann. Ich könnte einen Grossteil deiner Texte nehmen, das Wort „Texter“ gegen „Fotograf“ austauschen und es als eigenen Artikel veröffentlichen. Aber die copycat mimen, wäre dann wohl „Fehler Nummer 5“ 😉 Wieder schön geschrieben.

  2. Ja – wir Freien schlagen uns offenbar alle mit denselben Problemen rum. Wobei, demnächst kommen noch ein paar (alte) Artikel, die recht Text-zentrisch ausfallen werden. Stichwort „Schreibblockade“.

  3. Ein uralter Spruch, wenn du aber deine Kunden fragst warum sie bei dir kaufen, bringen sie es schlussendlich auf einen Nenner:

    Man kauft Dinge die man braucht, bei Menschen die man mag.

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