Neue Zürcher Zeitung? -14 %. Aargauer Zeitung? -13 %. 20 Minuten? -19 %. «Meine» Haupt-Zeitung, St. Galler Tagblatt incl. Regionalzeitungen, hat’s mit -2 % noch einigermassen glimpflich erwischt. Aber die aktuellen WEMF-Zahlen sind deutlich: Print, so, wie wir ihn seit ca. 1780 kennen, stirbt einen langsamen, langsamen Tod.
Keine Überraschung, aber weiterhin ein Problem
Gut, das kommt nicht wirklich überraschend. Und für viele Leserinnen und Leser dürfte sich die Frage stellen – jo, und nu? Die Zahlen in digitalen Formaten steigen, klar sinken im Gegenzug die Totholz-Anteile? Das mag so sein. Aber ignoriert die Art und Weise, wie viele Journalisten und Journalistinnen, Reporterinnen und Reporter arbeiten, mit der (mehr oder minder) klaren Arbeitsteilung, Vieraugen-Prinzip, Blattmacher*innen, Korrektorat und so weiter. Es wird interessant sein, zu sehen, wie 20 Minuten mit der neuen «social-first»-Strategie zurande kommen wird – immerhin entscheiden dann die Menschen am Social-Desk oder vielleicht gar die Berichtenden live vor Ort, wie Lead und Anriss des Beitrags aussehen sollen, und wann und wo er erscheint.
Problem (nicht nur) für freie Mitarbeitende
Kurz – für Redaktionen ist’s nicht einfach nur ein Medienwechsel. Es ist auch ein Wechsel im Workflow, in der Firmenkultur und führt gegebenenfalls zu einem veränderten Qualitätsanspruch. Schwierig kann das für freie Mitarbeitende werden, denn diese arbeiten in der Regel für verschiedene Redaktionen, die mehr oder weniger weit in diesem Medienwandel-Prozess fortgeschritten sind. Damit wird einerseits eine etwaige Zweitverwertung aufwendiger oder verunmöglicht. Andererseits verpassen sie als «Freie» interne Weiterbildungen oder informell an der Kaffeemaschine bestimmte Konventionen und Regeln.
Wandel kann man nicht aufhalten, höchstens ausbremsen. Persönlich begrüsse ich es, dass mein Altpapierstapel zunehmend an Umfang verliert. Moderne Displays sind für mich gut genug, um auch lange Beiträge zu lesen. Meinen Einstieg als Reporter hatte ich in reinen Online-Medien, als freier Mitarbeiter muss ich mich eh an zig verschiedene Vademeca und Vorgaben halten – die eine Publikation möchte nur Bilder im 16:9-Format, die andere mit runtergeschraubtem Kontrast für die Offset-Maschine. Die eine gendert mit Sternchen, bei der anderen streicht das Korrektorat alles Gegenderte raus, die dritte hat gar kein Korrektorat. Also business as usual für mich und meine freiberuflichen Kolleg*innen? Irgendwie schon. Aber wie gut Redaktionen als Gesamtes, mit ihren gewachsenen Strukturen, Aufgaben, Funktionen und Abläufen, damit klar kommen? Da wird es interessant bleiben. Und ich kann es verstehen, wenn es etwas länger dauert, bis sich das einigermassen eingependelt hat.
Ein Gedanke zu „Für Print sieht es nicht gut aus“