Was habe ich 2021 gelernt? — Bass und Musik

Anstelle eines ereigniszentrischen Jahresrückblicks möchte ich darüber sprechen, was ich im Pandemiejahr 2021 alles für und über mich gelernt habe. Teil 4 von 5: Was gab’s musikalisch (im weitesten Sinne des Wortes) für mich zu lernen?

Man kann wohl sagen – die Pandemie gab mir musikalisch einen Schub. Zwar wärmte ich mein Bass-Spiel bereits 2019 zaghaft auf, als Little Red Riding Hoods zum 25-Jahre-Jubiläum aus dem doch sehr langen Dornröschenschlaf aufwachte. Aber richtig Gas gab ich dann 2020 und 2021. Das liegt natürlich insbesondere daran, dass ich bei Scream Therapy endlich wieder regelmässig in einer Band spiele. Aber auch sonst: ich merke, es tut mir gut, wenn ich mich mit Musiktheorie und -Praxis auseinandersetze. Entsprechend war schon 2020 klar, dass «Bass und Musik» eine eigene Kategorie in meiner Lern-Liste bekommen würde.

Live is Life, na naaaa naa na na

2021 war ein wichtiges Jahr in der Hinsicht. Denn ich stand endlich wieder auf der Bühne und ich rief mir so in Erinnerung, weshalb ich eigentlich vor 30 Jahren mit der Bassgitarre angefangen und später Musikwissenschaften studiert hatte. Egal, ob vor 10 oder 200 Leuten – live zu spielen ist ein Erlebnis, das sich nur schwer in Worte fassen lässt. Dass das trotz Pandemie gleich mehrmals möglich war, ist eines meiner Highlights des auslaufenden Jahres.

Zwar merkte ich im Herbst, dass ich echt keine 40 mehr bin und doch meine 4-10 Tage Pause zwischen Auftritten benötige. Aber trotzdem: tut gut, und wenn’s auch dem Publikum Spass macht, dann ist allen geholfen.

Weniger ist mehr

Der junge Erni war ein typischer «Fiedler». Ich spielte viele Noten und komplizierte Riffs, verzierte alles und füllte jede Lücke im Song. Was ich letztes Jahr lernen musste, war, dass weniger tatsächlich mehr ist. Die Lücken definieren die Musik, nicht die Töne. Dasselbe gilt auch bei der Ausrüstung. Auf den ersten Blick wirkt mein Pedalboard alles andere als minimalistisch, aber ich schalte gerade mal drei der Effekte zu, der Rest ist always-on.

Sieht nach mehr aus, als es ist: Mein Pedalboard Ende 2021.

Auch 2022 wird für mich ganz im Zeichen des Reduzierens stehen. Kann ich auf eine Note, auf einen Fill verzichten? Wie viele Bassfrequenzen unter 100 Hertz brauche ich in diesem Raum und auf dieser Bühne, damit es noch nach Bass klingt, ohne, dass es die Biergläser von der Bar rüttelt? Mit Scream Therapy spielen wir ohne Verstärker auf der Bühne, und schon wirkt das recht grosse Pedalboard gar nicht mehr so kompliziert. Denn für uns heisst das live, dass ein Stromkabel rein und ein XLR-Kabel raus muss, fertig. Dinge einfach halten lautet das Motto, eben: weniger ist mehr.

Do or don’t, there is no try

Als Teenager spielte ich ständig, dann immer seltener, Uni und Beruf forderten ihren Tribut. Schlussendlich nahm ich den Bass nur noch zur Hand, wenn eine meiner damaligen Bands probte. Grosser Fehler! Was ich letztes Jahr lernte, ist, dass täglich 10-15 Minuten zu üben mehr bringt, als ein Mal die Woche für zwei Stunden. Aber man muss es halt auch tun.

Ähnliches gilt in Sachen Vorbereitung. Niemandem ist geholfen, wenn man als Band einen neuen Song spielen will, aber dann seinen Part nicht kennt. In dem Fall sagt man lieber: Sorry, ich kann das noch nicht, ich übe den Song auf nächste Woche ein. «Üben» ist hier das Stichwort. Die Bandprobe ist nicht der Moment, um Bass zu üben. Das macht man daheim. In der Band probt man. Dann verschwendet man auch nicht die Zeit seiner Band-Kolleginnen und -Kollegen.

Heimgehen ist nicht so einfach.

Januar 2014. Ich glaube, es war ein Beitrag im Schweizer Fernsehen, über die »Judendörfer« Lengnau und Endingen, der mich dazu bewog, heimzukehren. Und es tat weh.

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Nach meiner Geburt im Jahr 1975 hielten es meine Eltern zwei Jahre in Wettingen aus, dann zog es sie aufs Land. Lengnau. Wir lebten über einer Kneipe namens »Rössli«, meine ersten Erinnerungen beinhalten das sonntägliche Fendant-Hochholen für meinen Vater und seine Freunde. So oder so, ich verließ das Dorf erst als ich die 20 schon überschritten hatte, feierte anschließend Weihnachten bei meiner Mutter und mit der Dorfjugend in der »Post«, ansonsten hatte ich mit Lengnau nicht viel am Hut. Das letzte Mal war ich in Lengnau, als Mutter beigesetzt wurde. Das ist fast ein Jahrzehnt her, und ich sah damals nur die Bushaltestelle, das Café in der »Zentrum Schmitte«, und den Friedhof. Aber nicht die Heimat. Die Heimat meiner Kindheit. „Heimgehen ist nicht so einfach.“ weiterlesen