5 Monate später: Ungeordnete Gedanken zum iPad Pro

Seit bald einem halben Jahr bin ich sowohl beruflich als auch privat vorwiegend auf dem iPad Pro unterwegs. Zeit für ein Zwischenfazit in ungeordneten Punkten.

Wie im Dezember beschrieben habe ich mich 2017 statt für ein reguläres Computerupgrade für den Kauf eines iPad Pros entschieden. Seither ist viel Wasser die Thur runtergeflossen (der Thurgau würde wahrscheinlich angesichts der ganzen Flutwarnungen gar von zu viel Wasser sprechen) und ich habe einen besseren Durchblick: Was geht, was geht nicht mit dem iPad? Wie setze ich es tatsächlich ein, was tue ich entgegen der Werbung nicht? Wo hakt es, was habe ich gelernt? Diese Punkte möchte ich in einer, nun ja, Punkteliste aufführen.

  • Wie bei jedem Plattformwechsel muss man sich als iPad-Pro-Nutzer so vollständig wie möglich auf die Philosophie des neuen Betriebssystems einlassen, damit es einigermaßen funktioniert. Ein iPad ist kein MacBook, aber auch kein Chromebook oder Android-Tablet.
  • Fürs iPad heißt das: iCloud wo immer möglich, zur Not andere Clouddienste, aber das Denken in Dateistrukturen analog der Arbeit am PC wird Sie in den Wahnsinn treiben.
  • Ganz generell sollten Sie nicht versuchen, Ihre gewohnte Arbeitsweise an Mac oder PC auf dem iPad nachzubauen. Sie werden entweder komplett scheitern oder einen massiven Mehraufwand in Kauf nehmen müssen.
  • Das gilt insbesondere für die Fotografiearbeit, mehr dazu in Ausgabe 1/2018 des Fotoespressos. Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber der Arbeitstitel für meinen Beitrag war »Bildverwaltung auf dem iPad: Zurück in die Steinzeit der Digitalfotografie?«
  • Die iOS-Tastatur nimmt viel zu viel Bildschirmfläche ein. Das ist der Hauptgrund, weshalb Sie in eine externe Tastatur wie das Smart Keyboard investieren sollten, nicht unbedingt die fehlende Haptik.
  • Es funktionieren übrigens auch mechanische USB-Tastaturen fast problemlos mit dem iPad Pro. Fast? Ja, CMD und OPT lassen sich anders als am Mac nicht austauschen. Ansonsten tut alles, meistens sogar etwaige Multimedia-Knöpfe.
  • Der Stift dient mir vorwiegend für Anmerkungen, groß gezeichnet oder Bilder retuschiert habe ich mit ihm bisher nicht. Aber für mich als Rheumatiker ist er immer wieder eine willkommene Hand- und Armentlastung.
  • A propos Ergonomie: Am Smart Keyboard tut das iPad Pro von Winkel und Abstand her gut für mich. Stationär sollten Sie die Anschaffung eines Tablet-Halters als Ergänzung zu einer externen Tastatur überlegen und vor allem Tastaturkürzel büffeln. Stichwort Gorilla Arm.
  • Ein langes Drücken der CMD-Taste listet in allen Apps vorhandene Tastenkürzel auf. Zu wenige Apps unterstützen jedoch Kürzel, bei mir mittlerweile eines der Haupt-Ausschlusskriterien beim Vergleich von App-Alternativen.
  • Das andere Ausschlusskriterium: Fehlende Unterstützung für Splitscreen. Hallo, das kam in iOS 9 anno 2015. Macht Hinne, Entwickler.
  • Ich habe mich daran gewöhnt, mein altes iPad Mini als »Second Screen« zu verwenden. Es zeigt oft meine Notizen und Rechercheunterlagen, während ich am großen iPad arbeite. Dank Continuity ist etwaiges Copy/Paste selten ein Problem, man arbeitet quasi wie auf einem einzelnen iPad mit zwei Bildschirmen und kommt so auch mal auf vier, fünf offene »Fenster« gleichzeitig, wenn man auf Multitasking stehen sollte.
  • Stichwort Multitasking: Wirklich parallel tun die meisten Apps nur 3-10 Minuten lang, dann legt iOS Hintergrund-Apps schlafen. Das hat einen direkten Einfluss auf Ihre Arbeitsweise; z.B. mal kurz im Hintergrund 500 Raw-Bilder aus Lightroom CC rendern lassen und im Vollbild ein Game spielen ist nicht.
  • Sie sollten entsprechend eher in »Arbeitskontexten« statt »Applikationen« denken. Pixave exportiert ein paar Dutzend Bilder? Dann kann ich im Splitscreen ja das Begleitschreiben für den Kunden aufsetzen und im Slide-Over bzw. der Aufgabenverwaltung das Projekt nachführen.
  • Mir persönlich hat das geholfen, meinen mittlerweile legendären Hang zur Prokrastination abzubauen. Klingt blöd, aber die fehlende Freiheit eines Mutlifenster/Multitastking-Betriebssystems hat sich für mich als echten Bonus herausgestellt. Your mileage may vary, aber die meisten aktuellen Studien sind sich einig, dass der Mensch bei weitem nicht so multitaskingfähig ist, wie viele glauben.
  • Um den Effekt zu maximieren sollten Sie aber möglichst auf Benachrichtigungen verzichten. Überlassen Sie etwaige Social-Media-Plings lieber Ihrem Handy.
  • Oh, und Bildschirm und Akkuleistung sind wirklich hervorragend. Gut gemacht, Apple.

Zu einzelnen der Punkte schreibe ich vielleicht irgendwann gesonderte Beiträge. Okay, wohl nicht über den Bildschirm und den Akku. Aber das ist ehrlich gesagt auch nicht so superrelevant, wenn man den Komplett-Wechsel von einem »richtigen« Betriebssystem auf iOS ernsthaft in Betracht zieht.

Fotoespresso: Ebenen in Capture One Pro 11

Anfangs Dezember brachte Phase One die neue Version ihrer beliebten Fotosoftware Capture One Pro auf den Markt. Mit Version 11 hat sich das alte Mantra »Evolution statt Revolution« bestätigt. Capture One Pro 11 ist schneller, liefert schönere Bilder, fühlt sich ausgereifter und runder an. Von den wenigen wirklich neuen Funktionen stechen besonders die Ebenen ins Auge. Wobei, neu? »Aufgefrischt« trifft es besser – aber diese Auffrischung hat entscheidende Konsequenzen für Ihre Arbeit in Capture One Pro 11.

Aus lokalen Anpassungen werden Ebenen

Ebenen überall: Capture One Pro 11 bietet Ihnen in jedem Werkzeugregister die Ebenenübersicht und Optionen an (Pfeil).

Rein technisch betrachtet verbergen sich hinter den Ebenen die guten alten lokalen Anpassungen. Sie pinseln noch immer Werkzeugeinstellungen in maskierte Bildbereiche, und diese Arbeiten können Sie wie bisher in maximal 16 Ebenen pro Bild verwalten. Aber weshalb hat Phase One die Bezeichnung geändert? Vor allem, weil die Arbeit in Capture One Pro 11 sehr viel stärker aufs Denken-in-Ebenen ausgelegt ist als noch in den Versionen davor. Kurz gesagt rücken lokale Anpassungen – und damit eben die, nun ja, Ebenen – stärker in den Fokus der Software.

Mehr zu Ebenen in Capture One 11 lesen Sie im Fotoespresso, dem Magazin und Blog des dpunkt.verlags. So ein bisserl als Ergänzung zu meinem Buch Praxis Capture One Pro 10. Viel Spaß mit!

Fotoespresso 6/2017: Bildverwaltung auf dem iPad, Teil 1

Apples iPad Pro ist ein attraktives Gerät. Wollen Sie aber das Tablet als Fotograf einsetzen, gibt es insbesondere in Sachen Bildverwaltung einige Hürden zu nehmen.

Nicht erst seit der Vorstellung des ersten iPad Pros im Jahr 2015 fragen sich immer mehr Anwenderinnen und Anwender, ob ein Tablet nicht ihre Notebooks und Desktoprechner ablösen könnte. Für die meisten Beobachter ist klar: für weniger aufwendige Arbeiten geht das sicherlich, aber sobald es um größere Datenmengen und komplexere Aufgaben geht? Da hat ein iPad keinen Stich gegen einen »richtigen« Computer. Aber das dicke 12.9" iPad Pro ließ Zweifler doch stutzen – dank des gleichzeitig vorgestellten Apple Pens auch zunehmend Fotografen. Mit iOS 11 setzt auch Apple den Fokus auf iPad-als-Computerersatz. Programme wie Affinity Photo oder Procreate zeigen bereits seit einiger Zeit das Potential auf, das in Apples leistungsstarkem Touch-Rechner steckt. Viele Fotografen sagen sich nun: Bildbearbeitung auf dem iPad? Geht hervorragend …

… aber die Bildbearbeitung ist nur ein Teil der täglichen Fotografiearbeit. Da wäre auch noch die Raw-Entwicklung und nicht zuletzt die Bildverwaltung. Diese stellt auch 2017 noch immer den Knackpunkt dar. Das liegt nicht nur an Dingen wie der Frage nach einem sinnvollen Workflow, sondern vorwiegend an technischen Limitierungen.

Mehr dazu lesen Sie im Blog meines Verlags, noch mehr in Ausgabe 6/2017 des Fotoespressos. Kostenlos, selbstverständlich. Viel Spaß, und ein frohes Fest!

Neuneinhalb Wochen, oder: iPad-only? Durchaus möglich.

Seit neuneinhalb Wochen bin ich sowohl beruflich als auch privat (fast) ausschließlich mit einem iPad Pro unterwegs. Zeit für ein kurzes Zwischenfazit.

Ich liebe Computer. Ich bin das, was manche wohl »Geek«, andere »Nerd« und eher ältere Semester eventuell »Freak« nennen würden. Meinen Einstieg hatte ich mit einem mit Lötkolben übertakteten Commodore CBM 4032, richtig angefixt hatte mich dann der Amiga 2000, den ich mit einer unglaublich großen 40-MB-Festplatte für 1000 Franken und später einer superschnellen 68030er-Turbokarte (mit Co-Prozessor!) ausbaute. Meine ganzen Uni-Papers schrieb ich dann auf einem Acorn Archimedes 5000, später kam der unausweichliche Wechsel auf Windows XP, was allerdings schnell Linux weichen musste. 2006 benötigte ich mein erstes Notebook, Linux war damals dann auch für mich doch zu viel Gebastel, also wechselte ich Vollzeit auf Macs. Das Internet war für mich 1996 eine Offenbarung gewesen, und die technischen Möglichkeiten und Konzepte anno 2017 lassen mich manche Bände aus meiner Science-Fiction-Sammlung liebevoll, wenn auch ein bisserl mittleidig, streicheln.

Alte Dinge auf neuem Ding anstarren. Läuft.
Alte Dinge auf neuem Ding anstarren. Läuft.

Ich hasse Computer. Ich muss arbeiten, aber dann poppen Fenster auf, die Updates ankündigen. Ich soll einen Video ins Netz stellen, aber es wurde in einem komischen komprimierten USB-Stick-Dateiformat angeliefert und ich darf zuerst mal eine passende App für suchen, finde sie auf einer obskuren Website, die im GeoCities-Flair der 90er stecken geblieben ist. Irgendwie vertragen sich andere über Jahre angesammelte Tools nicht mit dem letzten OS-Update, aber ich habe die Dinger halt seit Monaten nicht mehr gestartet und merke es erst jetzt, kurz vor der Deadline. Irgend ein Dienst, der sich anno 2011 bei der Installation einer externen Festplatte installiert hatte, stürzt ständig ab und müllt mir die Konsole zu, obwohl ich alle auffindbaren Programmfragmente schon vor Jahren gelöscht habe und die Festplatte ebenso lange nicht mehr im Einsatz gewesen ist. »Clean Install« wäre mal endlich nötig, zum Glück habe ich mir über die Jahre einen komplexen mehrstufigen Backup-Ablauf angewöhnt, der mich pro Monat nur wenige Stunden Aufwand kostet.

Nun ja. Das als Hintergrund, ein Woher-der-Erni-kommt. Ich hätte auch kürzer schreiben können: Mich nerven Computer so sehr, wie ich sie liebe. Über die Jahre habe ich immer häufiger Dinge auf mehr oder weniger aktuellen iPads erledigt (incl. den Entwürfen für meine zwei Sachbücher). Im Sommer stellte Apple die zweite Runde an iPad Pros vor. Mein damaliger mobiler Hauptrechner hatte zwei Wochen zuvor eine dramatische Batterie-Blähung erlebt. Tja. „Neuneinhalb Wochen, oder: iPad-only? Durchaus möglich.“ weiterlesen

Pixave: iOS-Bildverwaltung mit viel Potential und (noch) einigen Tücken

Pixave für iPad hat das Potential, DIE Bildverwaltung für iOS-Geräte zu werden. Die erste Version ist allerdings noch etwas instabil.

Mit Pixave für iPad hat das koreanische Entwicklungsstudio LittleHJ Großes vor: Endlich eine vernünftige Bildverwaltung für iOS-Geräte! Die erste Version lässt viel erwarten, kämpft aber noch mit Kinderkrankheiten und einem nach wie vor nicht sonderlich stabilen iOS 11.0.x.

Die Macversion von Pixave ist nicht nur wegen des günstigen Preises beliebt. Der Funktionsumfang lässt sich sehen, und anders als klassische Bildverwaltungsprogramme à la Media Pro setzt das Team um YoungHo Kim auf moderne Bedienungskonzepte und tiefe Integrationen zwischen Betriebssystem, Pixave, Diensten wie iCloud und Drittprogrammen. Die Mac-Version ist mittlerweile stabil und schnell, seit heute ist Pixave fürs iPad zum Einführungspreis von rund 5 Stutz erhältlich. Eine iPhone-Variante soll bis Ende Jahr folgen.

Bildverwaltung fast auf Mac-Niveau

Pixave für iPad erledigt alle Basis-Aufgaben einer Bilddatenbank wie Gruppen und Sammlungen, Suche und »smarte« Ordner, Umbenennung von Bilderserien, Dateiverwaltung, Weitergabe an Drittprogramme oder Online-Dienste sowie Metadaten und Schlüsselwörter. Die Original-Bilder lassen sich direkt aus der Verwaltung in anderen Programmen öffnen, was insbesondere bei Raw-Dateien nützlich ist – Pixave kommt z.Z. noch ohne Raw-Modul daher und zeigt lediglich die eingebetteten Vorschaubilder. Konkurrenzprodukte wie das Bildverwaltungssystem Mylio lassen auf iOS-Geräten nur die Weitergabe von JPEG- oder TIFF-Abzügen zu, nicht der Originale, rendern dafür ihre eigenen Vorschaubilder.

Pixave zeigt leider nur eingebettete Vorschaubilder in Raw-Dateien, was bei älteren Kameras recht pixelig aussieht. Dafür lassen sich die Raw-Originale direkt z.B. in Filterstorm Neue Pro öffnen.
Pixave zeigt leider nur eingebettete Vorschaubilder in Raw-Dateien, was bei älteren Kameras recht pixelig aussieht. Dafür lassen sich die Raw-Originale direkt z.B. in Filterstorm Neue Pro öffnen.

Die App kommt mit einigen Spezialitäten – so lassen sich die Bilder auf Wunsch automatisch mit englischsprachigen Schlüsselwörtern versehen (was LittleHJ mit Machine Learning erledigt und manchmal zu eigenartigen Entscheidungen führt) oder komplette Sammlungen aus der Mac-Version via iCloud im Hintergrund synchronisieren. Pixave setzt dabei intensiv auf Drag-and-Drop, wie es Apple mit iOS 11 eingeführt hat. „Pixave: iOS-Bildverwaltung mit viel Potential und (noch) einigen Tücken“ weiterlesen