Noch immer erreichen mich Mails und Tweets betreffend der Selbständigkeit eines freien Textarbeiters. Ich habe die Sache zwar bereits 2008 abgehandelt, allerdings mit dem Fokus auf deutsche Verhältnisse. Jetzt, zurück in der Umarmung der Confoederatio Helvetica, ist es an der Zeit, diesen Misstand zu bereinigen. Der Artikel wird recht bürokratisch, halten Sie also Bier und Zigaretten griffbereit.
Also: Wie macht man sich als Tippsler in der Schweiz selbständig?
Soll die Selbständigkeit den Kühlschrank füllen, gehört eine ehrliche Betrachtung der Umstände und Fähigkeiten an erste Stelle. Als Einzelkämpfer braucht man nicht gleich einen Business-Plan. Allerdings schadet es auch nicht, wenn man sich die Mühe macht, so ein Papier zu erarbeiten. Es muss ja nicht gleich finanzkräftige Investoren überzeugen! Diskutieren Sie insbesondere die folgenden Fragen:
- Kann ich mich im persönlichen Gespräch als idealen Problemlöser darstellen? Weshalb?
- Bin ich überhaupt nur schon selbstsicher genug, von Angesicht zu Angesicht mit echten, realen Menschen zu verhandeln? E-Mail zählt nicht.
- Habe ich ausreichende Reserven, um auch mal zwei, drei Monate ohne einen einzigen Auftrag über die Runden zu kommen?
- Bin ich mir sicher, nach besagten drei Monaten bei Wasser und Brot noch schöpferische Energie in mir zu tragen? Mehr als genug Energie, den zufällig reingeflatterten Großauftrag zu stemmen?
- Was halten Partner, Kinder und Miezekatze von der Idee, dass ich gegebenenfalls tagelang nicht ansprechbar bin und erst nach Mitternacht ins Bett falle?
- Habe ich ein Problem damit, die nächsten drei, vier Jahre keine freien Wochenenden und keinen Urlaub zu haben? Also, sofern es läuft, ansonsten erübrigt sich die Diskussion sowieso.
- A propos „laufen“ -- wie sieht die Konkurrenzsituation aus? Gibt es überhaupt einen (über-)regionalen Markt für meine Arbeit?
Hegen Sie bereits nach diesen sieben Fragen Zweifel an der Durchführbarkeit Ihres Unterfangens, legen Sie Ihren Stift beiseite und besuchen Sie ein Job-Portal. Agenturleben wäre hier der bessere Schritt in den Beruf. Aber bleiben wir mal positiv, ja? War ja gerade erst Weihnachten.