Karriere, Anthologien und der Mailänder Dom.

Ein Texter schafft sich einen Namen dadurch, guten Text zu liefern. Kann er sich dann auch noch anständig verkaufen präsentieren, steht es auch um den Biervorrat im Kühlschrank nicht all zu schlecht. Aber klar: Nicht nur während Wirtschaftskrisen klammert man sich an Stammkunden wie ein verängstigter Bonobo an die Genitalien anderer Bonobos. Stammkunden sorgen dafür, dass man überhaupt erst kalkulieren kann. Ihr wisst schon: „Darf ich mir im Februar den neuen Drucker leisten, oder muss ich dafür auf Toilettenpapier verzichten?“ Solche Dinge.

Aber wie macht das ein Autor? Der hat ja eher selten eine Stammkundschaft sondern ist ständig auf der Suche nach Veröffentlichungsmöglichkeiten. Schreibt man regelmäßig Artikel für Magazine oder Websites, dann fällt die Kalkulation einfacher. Aber wie sieht es bei den ausschließlich schöngeistigen Schreiberlingen aus?

Hoffentlich ist da kein Affen-Sex involviert …

Zumindest wenn man keine Biologie-Thriller (oder eigenartige Glossen) tippselt, sollten die rekreativen Tätigkeiten von Primaten eine geringe Rolle bei der eigenen Karrierebildung spielen.

Prinzipiell ist der Ansatz aber derselbe wie bei Textern: Sich einen Ruf erarbeiten, seine Person „vermarkten“ und nach Stammkundschaft suchen – in Form eines Verlagsvertrags über mehrere Bücher. Bei Unterhaltungs-Autoren spielt auch der Faktor „Glück“ eine nicht zu unterschätzende Rolle. Zumindest dann, wenn man es zum Bestseller-Heini bringen möchte. Sie können die besten Romane aller Zeiten schreiben, den wirklich großen Durchbruch schaffen Sie erst, wenn mal Hollywood vorbeikommt und ein David Fincher oder so Ihr Werk verfilmt. Mal ernsthaft, wer las schon Palahniuk vor der Verfilmung von „Fight Club“?

Ohne solche Glücksfälle ist mehr oder minder viel Einsatz angesagt. Hocharbeiten, wenn man es so nennen möchte. Die meisten deutschsprachigen Autoren haben entsprechend neben ihrer Schreibarbeit auch einen Tages-Job. Miete und Katzenkotzkekse müssen ja auch irgendwie finanziert werden.

Ergo: Baby steps. Den Ruf erarbeitet man sich mit Veröffentlichungen. Oder einem Schandmaul und/oder provokanten Themen à la Charlotte Roche. Die allerdings auch erst als Moderatorin für VIVA bekannt und geehrt werden musste, bis der Verlag sie deftig mit Marketing unterstützte. Aber ich schweife ab.

Ein erster Schritt für viele Autoren sind Kurzgeschichten. Und die Sammlungen davon, die so genannten Anthologien. Diese Dinger haben meist ein klares Thema und die Autorinnen werden über Ausschreibungen gefunden. Das Witzige daran ist, dass sich Anthologien in etwa gleich mies verkaufen wie Gedichtsammlungen – also, aus Sicht der größeren Verlage. Ein Kleinverlag macht schon Luftsprünge, wenn er zweihundert Exemplare verticken kann.

Vielleicht hat man als Schreiberling nicht viel daran verdient, aber für einen Kasten Bier sollte es reichen. Vor allem jedoch: Man gilt als publiziert. Weil ein Herausgeber meinte „Jo, gut genug fürs Buch“. Ohne, dass der Autor dafür bezahlen musste. Es eröffnen sich jetzt neue Möglichkeiten: Man kann bei etwas eitleren Wettbewerben mitmachen. Sie wissen schon – die Wettbewerbe, an denen nur veröffentlichte Autoren teilnehmen dürfen. Solche Ausschreibungen sind in der Regel auch besser dotiert und die dazugehörigen Anthos erscheinen in größerer Auflage. Und dann geht das Schritt für Schritt so weiter. Es schadet auch nichts, wenn man relativ früh an seinem „Image“ arbeitet. Oben genannter Palahniuk hat als einen der wichtigsten Punkte in seinen Jungautoren-Regeln stehen: „Lass professionelle Autoren-Photos von dir machen, wenn du noch jung und knackig bist.“ Selbstvermarktung eben.

Lassen wir Knackephotos mal weg. Wie soll ich denn an Ausschreibungen kommen?

Foren lesen, Newsletter abonnieren, Zeitung studieren … Informiert bleiben. „Kein Mensch ist eine Insel“ und so. Sich mal mit anderen Schreiberlingen austauschen, auch nachfragen; bei veröffentlichten Anthologien den Verlag und die Herausgeber notieren, dann im Netz danach suchen. Schon findet man wirklich sehr, sehr schnell passende Ausschreibungen. Also, Ausschreibungen, die mit der eigenen Schreibarbeit harmonieren.

Ist klar – einfach immer und überall mitmachen bringt wenig. Jemand, der eigentlich Nackenbeißer schreiben möchte, dürfte bei Horror-Ausschreibungen eher suboptimal besetzt sein. Außer, es geht um Vampir-Geschichten, was angesichts des gegenwärtigen Twilight-Hypes durchaus passen könnte.

Konzentriert man sich auf seine Stärken, statt einfach breitband überall mitmachen zu wollen, geht es auch schneller vorwärts. Und mit weniger Stress. Lieber bei sieben Ausschreibungen im Jahr mitmachen und zwei Mal gedruckt werden, als bei fünfzig Wettbewerben Texte einreichen und trotzdem nur zwei Mal einen Abdruck gewinnen. Dasselbe hatte ich schon in Sachen Texterei geschrieben: Flexibel bleiben, ja, aber wenn man seine Stärken kennt und sich darauf konzentriert, ist es einfacher, sich zu etablieren. Zumindest dann, wenn man sich handwerklich nicht all zu ungeschickt anstellt.

Dann stolpert vielleicht noch ein Verlag über eine der Veröffentlichungen, oder findet die Selbstvermarktung auf Facebook oder in Blogs witzig … Und fragt nach einem Buchmanuskript zum Kernthema. Noch kurz einem Staatsmann den Mailänder Dom ins Gesicht rammen und ab geht’s mit der Karriere! Merke: Auch ein Knastaufenthalt oder die Psychiatrie können verkaufsfördernd wirken.

Und wenn die Verlage alle so böse sind und nur auf die Publicity der Autoren setzen, nun ja, dann muss man doch mitspielen, oder nicht?

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