GTD: Getting Text Done, oder auch nicht.

David Allens Konzept von „Getting things done“ klingt einleuchtend. In Kurz: Sie haben einen Haufen Mist, der geführt werden muss. Unterteilen Sie den Mist in kleine, mistgabelgroße Haufen. Ignorieren Sie den Mist, den Sie jetzt nicht führen können. Dann wird das schon. So wie Herakles im Augias-Stall: Baby-Steps!

Aber funktioniert dieser Ansatz im Texter-Umfeld? Ich sage: Nein. Mit der Überzeugung von jemandem, der seine alten Anzüge aus Vernunft lieber ändern lässt statt neu zu kaufen. Und aus einem gewissen Missfallen, meine Kunden und deren Projekte mit Misthaufen gleichzustellen.

Du irrst! Natürlich ist GTD Die Wahrheit™, das gilt auch für Texter!

Das Problem, das wir freischaffenden Texter haben, ist schnell beschrieben: Material und die Geschwindigkeit der aktuellen Kommunikationsformen verunmöglichen eine selbstzentrierte Arbeitsweise.

Über diesen Punkt habe ich schon ein paar Mal gebloggt. Er kann geschäftsentscheidend sein, gar existenzbestimmend. Allens Häppchen-Ansatz ist für Textarbeiter abseits der Eigenorganisation nicht besonders praktikabel. Das hat einen einfachen Grund, den ich, etwas polemisch, so formulieren möchte:

Schön, ich bin toll organisiert. Den Kunden interessiert das zwar nicht sonderlich, wenn er in 48 Stunden etwas online haben will, aber egal. Ich müsste als Profi eigentlich auch auf Gutdünken texten können; in der Hoffnung, dass das schon akzeptiert wird, oder ohne großen Aufwand angepasst werden kann. Aber meine Abläufe sind mir wichtiger. Egal, dass das Zeugs kurzfristig in der Werbepause zu den Größten Schweizer Talenten landen soll. Oder als ganzseitige Anzeige in der NZZ: Ich habe meine Abläufe, da darf ich nicht von abrücken, denn diese Abläufe sind richtig!

GTD steht hier stellvertretend für alle möglichem (Selbst-)Management-Theorien. Meistens pragmatische Methoden, um seine Arbeitsweise auch als Texter auf die Reihe zu bekommen. Aber nicht, um Projekte und Kunden zu pflegen. Organisatorisch kann man lediglich darauf hoffen, dass der Kunde alles Material anliefert und einem genug Zeit und Muße gibt, Hirnsubstanz in Text zu wandeln. Das lässt sich nicht in ein starres Konzept wie eben GTD zwängen.

Textarbeiter werden in verschiedenen Ländern, auch Deutschland, von den Ämtern nicht umsonst steuertechnisch auf eine Stufe mit bildenden Künstlern gestellt. Die Leute, die aus einem Haufen Eis die Venus von Milo kettensägen oder mit Einsatz ihrer Körpersäfte die Gesellschaft, im wahrsten Sinne des Wortes, auf die Leinwand spritzen. Der geile Einfall, der aus einer Lala-Kampagne so etwas wie die aktuelle Hornbach-Werbung macht, kommt nicht auf Rezept. Der Einfall wird kommen, logisch. Sonst wären wir nach spätestens sechs Monaten Selbständigkeit beim Sozialamt vorstellig geworden.

Aber zu erwarten, dass besagter Einfall das gemäß abstrakter Abläufe machen wird – respektive durchs Ausblenden der kommunikativen und planerischen Realität ermöglicht wird, ist … fragwürdig.

GTD und andere Organisationskonzepte können toll sein. Hey, ich setze selbst auf einen Bastard aus GTD und gesundem Menschenverstand. Aber wenn es um Kreativität geht – Kreativität, die gefordert und bezahlt wird – ist mehr Flexibilität gefragt. Versteifen Sie sich nicht, nur weil es fürs Administrative gut funktioniert. Ihre Kunden wollen mehr. Viel mehr. Und Sie wollen sicher nicht noch mehr Geld in Selbsthilfebüchern und -Kursen versenken, oder?

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